Natrium
Natrium ist nach Calcium und Kalium das dritthäufigste Ion im menschlichen Körper. Obwohl es in der Natur zumeist in gebundener Form vorkommt, liegt es hier hauptsächlich als einfach positiv geladenes Kation (Na+) vor und befindet sich als freies Elektrolyt im Extrazellularraum. Sein natürliches Gleichgewicht spielt eine essentielle Rolle für den osmotischen Druck und hat dadurch einen wichtigen Einfluss auf den Wasserhaushalt und den Blutdruck. Dabei agiert Natrium als wichtiger Gegenspieler zu Kalium, weswegen vor allen Dingen das Verhältnis dieser zwei Mineralstoffe von Bedeutung ist. Da Natrium konstant über Urin und Schweiß ausgeschieden wird, ist eine regelmäßige Aufnahme über die Nahrung überlebenswichtig. Dabei gelangt das Elektrolyt fast vollständig durch die Darmwand in den Körper, wobei ein Überschuss rasch ausgeschieden wird. Tatsächlich wird der Natriumhaushalt in erster Linie über die Ausscheidung reguliert, die über ein ausgeklügeltes System hormonell gesteuert wird. Aus diesem Grunde gibt vor allen Dingen die Natriummenge im Urin einen guten Einblick in die individuelle Versorgungslage mit Natrium. Blutwerte hingegen sind weniger aussagekräftig, da sich mit verändertem Natriumspiegel auch die Wassermenge verändert, um die Konzentration konstant zu halten.
Wofür brauchen wir Natrium?
Natrium ist das wichtigste Elektrolyt außerhalb der Zellen, also im Extrazellularraum und in allen Körperflüssigkeiten. Hier steht es in engem Kontakt zu dem negativ geladenen Anion Chlor (Cl–), wodurch quasi gelöstes Kochsalz (NaCl) vorliegt. Im Körper hat es eine tragende Bedeutung für den Wasserhaushalt und damit für das Volumen des Extrazellularraums. Je mehr Natrium vorliegt, desto mehr Wasser wird im Extrazellularraum gebunden. Auf diese Weise wird auch bei erhöhter Menge die physiologische Konzentration im Normbereich gehalten. Dieser Effekt gilt vor allen Dingen auch für das Blut, bei dem es sich ebenfalls um eine extrazelluläre Flüssigkeit handelt. Änderungen des Blutvolumens haben eine direkte Auswirkung auf den Blutdruck, weswegen Natrium in der richtigen Menge essentiell für einen gesunden Blutdruck ist. Das Gleichgewicht zwischen Natriummenge und dem Wasserhaushalt wird im Wesentlichen über die Hormone Renin, Angiotensin und Aldosteron reguliert.
Wie auch die übrigen Elektrolyte spielt Natrium als positive geladenes Kation eine wichtige Rolle für erregbare Zellen wie Muskel- und Nervenzellen. Durch Konzentrationsunterschiede geladener Ionen in- und außerhalb der Zelle entstehen an den Zellmembranen Spannungsgefälle. Durch bestimmte Auslöser, wie zum Beispiel den Eingang eines Reizes über eine Nervenleitung, öffnen sich Natriumkanäle, durch die innerhalb von Millisekunden Natrium-Ionen in die Zelle strömen und so eine Reaktionskaskade auslösen. Auf diese Weise entsteht die Kontraktion eines Muskels oder die Reizweiterleitung zwischen Nervenzellen. Ein gesundes Gleichgewicht aller Elektrolyte ist somit essentiell für eine normale Funktion von Nerven und Muskeln.
Wo ist Natrium enthalten?
Natrium kommt in geringen Mengen in nahezu allen Lebensmitteln vor. Besonders Meerestiere wie Fisch oder Muscheln weisen bedingt durch ihren salzigen Lebensraum natürlicherweise einen hohen Natriumgehalt auf. Aber auch unbehandeltes Fleisch, Kohl, Hülsenfrüchte oder Nüsse enthalten Natrium. Dennoch nehmen wir den Großteil des Natriums (ca. 90%) nicht aus diesen Quellen auf, sondern durch Salz (NaCl). Salz verwenden die meisten Menschen routinemäßig bei der Zubereitung diverser Speisen. Doch während wir in der heimischen Küche sehr genau wissen, wie viel Salz wir verwenden, lauern große Salzmengen in nahezu allen industriell hergestellten Lebensmitteln von Brot bis Tiefkühlpizza. Fertigprodukte wie Wurstwaren, Soßen, Knabberzeug, Semmelknödel oder Käse enthalten so viel Salz, dass die meisten Menschen in Deutschland zu viel Natrium aufnehmen.
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) schätzt den Wert für eine angemessene Zufuhr von Natrium für Erwachsene auf 1500 mg pro Tag. Dieser Wert wurde 2016 zur besseren Einordnung des Ernährungsstatus aktualisiert. Vorher wurde mit einem Mindestwert von 550 mg pro Tag gearbeitet. Diese Darstellung war aber aufgrund der sehr guten bis übermäßigen Versorgung mit Natrium irreführend. Laut Nationaler Verzehrsstudie aus dem Jahr 2008 nehmen Männer im Durchschnitt 3216 und Frauen 2379 mg Natrium pro Tag auf. Die erforderliche Mindestmenge erreichten nahezu alle Teilnehmer der Studie und die empfohlene Tagesmenge wird von einem Großteil der Bevölkerung überschritten. Tatsächlich schätzt die DGE eine tägliche Aufnahme von mehr als 2400 mg Natrium pro Tag als ungünstig in Hinblick auf die Prävention von Bluthochdruck und Osteoporose. Aus diesem Grunde ist es für viele Menschen, insbesondere Männer, eher angebracht, auf eine Reduktion der täglichen Natriumaufnahme zu achten
Zehn gute Natrium Quellen sind:
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Pöckelfleisch -
Mettwurst -
Schinkenspeck -
Sülze -
gesalzene Nüsse -
Salzstangen -
Fertiggerichte -
Meeresfisch -
Salzgurken -
Pommes frites
Was passiert bei einem Mangel an Natrium?
Ein Mangel an Natrium geschieht bei uns eher selten als Folge einer Mangelernährung. Vielmehr kann eine akute Unterversorgung entstehen, wenn kurzfristig übermäßig viel Natrium ausgeschieden wird. Dies kann bei Infekten passieren, die mit starkem akuten Durchfall und / oder Erbrechen einhergehen. Der starke Flüssigkeitsverlust spült Elektrolyte aus dem Körper, insbesondere Natrium, das in allen Körperflüssigkeiten in vergleichsweise großer Menge vorliegt. Auch entwässernde Medikamente (Diuretika) können zu einer übermäßigen Ausspülung von Natrium führen.
Daneben kann ebenso eine Funktionsstörung der Regulation des Wasserhaushaltes zu einer Unterversorgung mit Natrium führen. Etwa bei hormonellen Problemen, Nierenfunktionsstörungen oder Erkrankungen der Leber. Auch einige Medikamente (z. B. Blutdrucksenker, Antidepressiva oder Rheumamittel) oder unterschiedliche Tumore können sich negativ auf den Wasser- und Natriumhaushalt auswirken. Bei der Feststellung einer tatsächlichen Unterversorgung sollte daher dringen nach der Ursache geforscht werden.
Die Folgen eines Natriummangels sind:
- Schwindel
- unsicherer Gang
- häufige Stürze
- Verwirrtheit
- Gedächtnisstörungen
- Kopfschmerzen
- Übelkeit
- Erbrechen
- Störungen in der Mineralisierung der Knochen (Osteoporose)
Gerade bei älteren Menschen ist eine Unterversorgung mit Natrium nicht selten, wird dann aber mit normalen Alterserscheinungen verwechselt. In der Folge kann es zu Verletzungen durch Stürze kommen, die sehr leicht zu vermeiden gewesen wären.
Was passiert bei einer Überversorgung mit Natrium?
Eine Überversorgung mit Natrium ist häufig die Folge einer zu großen Aufnahmen über die Nahrung. Aber auch andere Faktoren können zu einem relativen Überschuss führen. Tatsächlichen fallen meist mehrere Faktoren zusammen. Ein großes Problem ist die unzureichende Aufnahme von Wasser. Die Natriummenge im Körper bleibt zwar weitestgehend gleich, doch durch ein verringertes Flüssigkeitsvolumen steigt die Konzentration. Auch Störungen im Hormonhaushalt (z. B. Cushing-Syndrom) oder der Funktionalität der Nieren können dazu führen, dass zu wenig Natrium ausgeschieden wird und sich somit die Konzentration im Körper auf ein kritisches Niveau erhöht.
Bei ausreichender Flüssigkeitsversorgung versucht der Körper einen erhöhten Natriumspiegel durch ein gesteigertes Flüssigkeitsvolumen im Extrazellularraum zu kompensieren. So kommt es zu Wassereinlagerungen und Ödemen. Außerdem steht eine hohe Natriummenge in direkten Zusammenhang mit einem erhöhten Blutdruck, der wiederum eine Vielzahl an Folgeerkrankungen und -risiken mit sich bringt. Hierzu gehört unter anderem ein erhöhtes Risiko für einen Schlaganfall, koronare Herzerkrankungen oder Schädigungen der Niere.
Wann ist eine Substitution von Natrium ratsam?
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) rät grundsätzlich von einer Verwendung von Natrium in Nahrungsergänzungsmitteln oder sonstigen Lebensmitteln als Zusatz ab. Lediglich spezielle isotonische Getränke zur gezielten Anwendung bei akutem Verlust (z. B. nach einer intensiven Sporteinheit mit starkem Schwitzen) dürfen bis zu 1.150 mg Natrium enthalten. Diese Empfehlung begründet das Institut mit der mehr als guten Versorgungslage in Deutschland und den gleichzeitigen gesundheitlichen Risiken bei einer zu hohen Natriumzufuhr.
Welche Wechselwirkungen gibt es mit anderen Vitalstoffen?
Natrium interagiert in erster Linie mit anderen Mineralstoffen, die im Körper in einem empfindlichen Verhältnis zueinanderstehen. Bei dem Verdacht, dass auch nur ein Mineralstoff aus dem Ruder läuft, sollte daher ein kritischer Blick auf die individuelle Versorgungslage mit sämtlichen Mineralstoffen geworfen werden.
Kalium
Natrium und Kalium befinden sich im Körper in einem genau abgestimmten Verhältnis, wobei Natrium außerhalb und Kalium innerhalb der Zellen in hohen Konzentrationen vorliegt. Hierdurch leisten die beiden Mineralstoffe einen wichtigen Beitrag zu dem sogenannten elektrochemischen Gradienten, der für die Funktionalität von Nerven- und Muskelzellen unerlässlich ist. Durch dieses enge Wechselspiel, beeinflussen die Mineralstoffe jeweils auch das Vorkommen des anderen. So bewirkt ein Natriumüberschuss eine vermehrte Ausscheidung von Kalium, sodass es zu einer sekundären Kaliumunterversorgung kommen kann. Gleichzeitig bewirkt ein Kaliumüberschuss eine erhöhte Ausscheidung von Natrium. Dadurch kann die Gabe von Kalium den Natriumspiegel senken und bei entsprechenden Patienten zu einer Normalisierung des Blutdrucks führen. Eine derartige Therapiemaßnahme sollte stets unter ärztlicher Aufsicht und nicht auf eigene Faust erfolgen.
Calcium
Natrium und Calcium agieren bei der Reabsorption in der Niere als Gegenspieler. Das bedeutet, dass ein erhöhtes Vorkommen von Natrium zu einer verstärkten Ausscheidung von Calcium führt. So kann es zu einem natriuminduzierten Absinken des Calciumspiegels kommen, der wiederum die Freisetzung von gebundenem Calcium aus den Knochen auslöst. Aus diesem Grunde erhöht ein chronisch hoher Natriumwert das Risiko einer Osteoporose.
Fazit
Natrium ist für einen gesunden Wasserhaushalt unerlässlich und reguliert das feinabgestimmte osmotische Gleichgewicht im Körper. Über die Nahrung nehmen wir Natrium zu einem Großteil in Form von Salz zu uns. Da wir aber weniger frisch kochen und vor allen Dingen industriell verarbeitete Lebensmittel jeglicher Art viel Salz enthalten, nehmen die Deutschen im Durchschnitt mehr Natrium auf als sie benötigen. Eine Folge ist die Zivilisationskrankheit Bluthochdruck, die bei fast einem Drittel der deutschen Bevölkerung festgestellt werden kann. Dennoch kann durch Medikamente, Infekte oder diverse Funktionsstörungen auch unabhängig von einer erhöhten Natriumaufnahme eine Unterversorgung entstehen, die ebenfalls schnell kritische Folgen hat und nicht selten alte Menschen betrifft. Gerade im Alter kann es daher ratsam sein, die individuelle Versorgungslage untersuchen zu lassen. Eine Nahrungsergänzung mit Natrium ist aufgrund der Versorgungslage und Risiken grundsätzlich nicht zu empfehlen.
Autor

Dr. rer. nat. Annika Mix
Annika Mix ist promovierte Biologin und Wissenschaftsjournalistin. Nach ihrem Studium an der Ruhr Universität Bochum arbeitete sie einige Jahre in der medizinischen Grundlagenforschung. Mit einer anschließenden journalistischen Weiterbildung erfüllte sich den Wunsch, auf freiberuflicher Basis Wissen aus dem Bereich von Gesundheit und Forschung alltagsnah zu vermitteln.
http://www.anysci.de/
Quellen
Max Rubner-Institut & Bundesforschungsinstitut für Ernährung und Lebensmittel (2008) Nationale Verzehrsstudie II – Ergebnisbericht https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/DE/_Ernaehrung/NVS_ErgebnisberichtTeil2.pdf;jsessionid=DB58C395EEF2FE27EB57BCC40BD33A0B.internet2842?__blob=publicationFile&v=2
Interview mit Dr. Sara Sheikhzadeh, Leitende Ärztin der Zentralen Notaufnahmen im Asklepios Klinikum Harburg im NDR
https://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/visite/Natriummangel-erkennen-und-behandeln,visite19138.html
Bundesinstitut für Risikobewertung: Höchstmengenvorschläge für Natrium in Lebensmitteln inklusive Nahrungsergänzungsmitteln
Geleijnse JM, Kok FJ, Grobbee DE (2003) Blood pressure response to changes in sodium and potassium intake: a metaregression analysis of randomised trials. Journal of Human Hypertension volume 17, pages471–480 (2003).