Calcium
Calcium ist das fünfthäufigste Element auf der Erde und ist für unseren Aufbau und unsere Körperfunktion unerlässlich. Der lebensnotwendige Mineralstoff wird mit der Nahrung aufgenommen, aus der er zunächst im Magen-Darm-Trakt herausgelöst wird. Als freies Kation (Ca2+) gelangt Calcium über einen aktiven Transport durch die Zellen des Darmepithels in den Körper. Dieser Transport wird hauptsächlich durch das Parathormon aus der Nebenschilddrüse und Calcitirol (aktive Form von Vitamin D3) reguliert. Bei großen Calciummengen in der Nahrung kann das Kation seinem Konzentrationsgefälle folgend durch die Zwischenräume der Epithelzellen diffundieren. Dieser Transportweg ist passiv und bedarf keiner weiteren Hormone oder Transportproteine. Über das Blutsystem wird der Mineralstoff gebunden oder als freies Kation durch den Körper geleitet und dorthin transportiert, wo er benötigt wird.
Wofür brauchen wir Calcium?
Der absolute Großteil des aufgenommenen Calciums wird in den Knochen und Zähnen eingelagert. Hier liegt es in fest gebundener Form vor und stellt etwa 40 Prozent der dortigen Mineralstoffe dar. Tatsächlich wird geschätzt, dass der Calciumanteil im Körper eines erwachsenen Menschen etwa 1,5 Prozent des Gesamtgewichts ausmacht. Ein 75 kg schwerer Mensch bestünde demnach zu einem Kilo aus Calcium. Der Mineralstoff sorgt für die Stabilität von Zähnen und Knochen und ist daher essentiell für die Stützfunktion des Skeletts. Da Calcium allerdings für biochemische Prozesse in allen Körperzellen unerlässlich ist und seine Konzentration dort stabil sein muss, dienen die Knochen außerdem als Notfallspeicher für Calcium. Wenn die Aufnahme über die Nahrung den Bedarf für den Stoffwechsel nicht decken kann, wird Calcium aus den Knochen abgebaut. Dadurch wird zwar der Stoffwechsel aufrecht gehalten, allerdings auf Kosten der Knochenstabilität, was langfristig zu schweren Problemen führen kann.
Freies Calcium wird aus dem Blut aktiv in die Zellen transportiert. Da die Zellmembranen für Calcium dicht sind, kann in der Zelle eine hohe Calciumkonzentration gehalten werden. Durch die zweifach positive Ladung des Kations (und die Ladung anderer Ionen in-und außerhalb der Zelle) entsteht ein Spannungsgefälle zwischen der Zelle und ihrer Umgebung. Dieses Spannungsgefälle ist von grundlegender Bedeutung unter anderem für die Funktion von Nerven- oder Muskelzellen. Hier erfolgt, vermittelt durch einen streng geregelten Calciumstrom, die Freisetzung von Neurotransmittern oder die Kontraktion der Muskelzelle. Auch die Sekretion von Hormonen beruht auf dem Ca2+-Spannungsgefälle der einzelnen Drüsenzelle. Neben diesen wichtigen Prozessen für das Zusammenspiel des Körpers benötigt jede einzelne Zelle Calcium für die Aufrechterhaltung des Zellstoffwechsels, die Erzeugung von Energie und das Ablesen der Gene.
Wo ist Calcium enthalten?
Da Calcium überall in der Natur vorkommt, ist es in sämtlichen Lebensmitteln enthalten, die Konzentrationen unterscheiden sich allerdings stark. Besonders große Mengen finden sich in Milch und Milchprodukten (insbesondere in Hartkäsesorten), aber auch Nüsse, Bohnen und einige Gemüsesorten beinhalten ausreichende Mengen Calcium, um den täglichen Bedarf decken zu können. Dieser liegt laut Deutscher Gesellschaft für Ernährung (DGE) bei etwa 1000 mg. Lediglich bei Jugendlichen ist der Bedarf größer, sodass die Empfehlung für 13 bis 19-Jährige bei 1200 mg pro Tag liegt.
Laut Nationaler Verzehrsstudie aus dem Jahr 2008 nehmen insbesondere Frauen oftmals zu wenig Calcium mit der Nahrung auf. Dies gilt vor allen Dingen für Jugendliche und Menschen mit über 50 Jahren. Insgesamt erreichten 46 Prozent der Männer und 55 Prozent der Frauen die durchschnittliche empfohlene Zufuhrmenge von Calcium nicht.
Zehn gute Calcium Quellen sind:
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Hartkäse (z.B. Emmentaler, Gouda) -
Vollmilch -
Joghurt -
Quark -
Grünkohl -
Brokkoli -
Rucola -
Haselnüsse -
Paranüsse -
Mineralwasser
Was passiert bei einem Mangel an Calcium?
Auch wenn viele Menschen scheinbar zu wenig Calcium mit der Nahrung aufnehmen, so ist ein nachweisbarer Calciummangel im Blutserum in der Regel nur selten Folge einer alleinigen unzureichenden Ernährung. Die Knochen stellen einen massiven Calciumspeicher dar, der die Serumkonzentration normalerweise konstant hält. Erst wenn es Probleme bei dieser Notversorgung gibt, können auch Ernährungsdefizite zum Tragen kommen.
Insbesondere Störungen der Nebenschilddrüse und eine Unterversorgung mit Vitamin D können dazu führen, dass nicht mehr ausreichend Calcium aus den Knochen mobilisiert und in die Blutbahn gebracht werden kann. Auch eine Überversorgung mit Natrium oder Kalium kann einen negativen Einfluss auf den Calcium-Spiegel ausüben. Eine weitere Ursache für einen niedrigen Calcium-Spiegel können verschiedene Nierenerkrankungen sein. Seltener kann auch durch die regelmäßige Einnahme von entwässernden Medikamenten (Diuretika) eine Unterversorgung mit dem Mineralstoff entstehen. In letzten Fällen wird mehr Calcium ausgeschieden als nachgeliefert werden kann.
Die Symptome eines Calciummangels fallen ganz unterschiedlich aus und hängen auch von der Ursache des Mangels ab. Wenn Calcium in großen Mengen aus dem Knochen freigesetzt werden muss, um einer Unterversorgung entgegenzuwirken, dann zeigen sich die Symptome des Mangels erst sehr spät. Durch eine Demineralisierung der Knochen verliert das Skelett an Stabilität und Knochenbrüche (auch Ermüdungsbrüche) werden wahrscheinlicher. Vorher kündigt sich ein Abbau an Knochensubstanz (Osteomalazie) vor allen Dingen durch Tiefenschmerz im Bereich der Oberschenkel, der Hüften oder des Rückens an.
Bleibt die Demineralisierung der Knochen als Notfallprogramm aus, zum Beispiel weil eine Fehlfunktion der Nebenschilddrüse oder ein Mangel an Vitamin D vorliegt, dann entsteht ein Calciummangel in den Zellen. Symptome treten hier deutlich schneller auf und zeigen sich in erster Linie an den Nerven oder der Muskulatur. So kann es zu Verkrampfungen der Muskulatur (häufig in den Händen), Kribbelgefühl oder Störungen in der Sensibilität kommen. Ein fortschreitender Calciummangel wird, wenn er nicht durch Demineralisierung ausgeglichen werden kann, lebensbedrohlich und kann zu schweren Störungen des Herzmuskels oder epileptischen Anfällen führen. Dadurch kann es auch bei einer rechtzeitigen Behandlung zu Folgeschäden kommen. Derart schwere Auswirkungen sind in der Praxis allerdings sehr selten.
Was passiert bei einer Überversorgung mit Calcium?
Wenn Calcium in sehr großen Mengen über einen längeren Zeitraum eingenommen wird, steigt das Risiko von Nierensteinen. Auch eine erhöhte Anfälligkeit für einen Herzinfarkt oder Schlaganfall wird immer wieder diskutiert, allerdings sind die Beobachtungen hier nicht eindeutig und zu Teil sogar widersprüchlich. Dennoch hat die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) eine Höchstmenge für die tägliche Zufuhr von Calcium auf 2500 mg festgelegt. Diese gilt auch langfristig als unbedenklich. Um diese Werte nicht zu überschreiten und gleichzeitig einer vorhandenen Unterversorgung eines Teils der Bevölkerung zu begegnen, rät das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) zu einer Höchstaufnahme von 500 mg Calcium aus Nahrungsergänzungsmitteln pro Tag. Auch die Anreicherung von Lebensmitteln mit Calcium sollte nur sorgsam erfolgen. So werden zum Teil Milchersatzprodukte wie Hafermilch oder veganer Käse mit Calcium angereichert, um den Gehalt dem tierischen Produkt anzugleichen. Dies muss allerdings speziell angegeben sein und gilt nicht für alle Ersatzprodukte.
Wann ist eine Substitution von Calcium ratsam?
Eine zusätzliche Einnahme von Calcium sollte mit Bedacht und unter Einhaltung der empfohlenen täglichen Höchstmenge erfolgen. Eine langfristige Ergänzung sollte grundsätzlich mit dem Arzt besprochen werden. Dies gilt insbesondere für Patienten mit Funktionsstörungen der Nebenschilddrüse oder Problemen mit den Nieren. Bei bereits bestehender Demineralisierung der Skelettmuskulatur (Osteoporose) gehört eine Behandlung mit hochdosiertem Calcium und Vitamin D zur Basistherapie und wird, auch wegen der hohen Mengen, unter medizinischer Aufsicht durchgeführt. Hier ist unbedingt mit einem Arzt Rücksprache zu halten, da eventuell weitere Therapiemaßnahmen ergriffen werden müssen. Bereits vorher kann eine zusätzliche Einnahme von Calcium das Auftreten einer Osteoporose hinauszögern oder sogar verhindern. Insbesondere die Beobachtungen der Nationalen Verzehrsstudie deuten darauf hin, dass Frauen ab 50 über eine gezielte Erhöhung der Calciumzufuhr nachdenken sollten.
Unabhängig vom Alter müssen besonders Veganer (speziell im Jugendalter!) auf eine ausreichende Versorgung mit Calcium achten. Wie bereits erwähnt werden einige Milchersatzprodukte mit Calcium angereichert. Spezielle calciumreiche Mineralwasser oder schließlich auch Nahrungsergänzungsmittel können eine ausreichende Versorgung bei veganer Ernährung sicherstellen.
Welche Wechselwirkungen gibt es mit anderen Vitalstoffen?
Aufgrund der Tatsache, das Calcium ein grundlegender Mineralstoff ist, der bei zahlreichen Prozessen im Körper eine Rolle spielt, gibt es auch eine Vielzahl von Wechselwirkungen mit anderen Vitalstoffen.
Vitamin D
Die aktive Form von Vitamin D (Calcitriol) ist essentiell für eine gesunde Regulierung des Calcium-Stoffwechsels. Dabei wirkt es erhöhend auf den Calcium-Spiegel. Es verbessert die Aufnahme von Calcium im Darm, mobilisiert Calcium aus den Knochen und bewirkt eine Rückgewinnung von Calcium in den Nieren, wodurch die Ausscheidung von Calcium reduziert wird. Dieses Zusammenspiel bedeutet, dass ein Mangel an Vitamin D zu einer Unterversorgung mit Calcium führen kann und dass eine zusätzliche Einnahme von Calcium nur dann wirklich Sinn macht, wenn eine optimale Versorgung mit Vitamin D sichergestellt ist.
Natrium und Kalium
Alle geladenen Ionen stehen in und um der Zelle in einem definierten Verhältnis, das vor allen Dingen für die Funktion von Nerven- oder Muskelzellen unabdingbar ist. Auch in der Niere spielt dieses Verhältnis eine wichtige Rolle, indem sowohl Natrium als auch Kalium einen direkten Einfluss auf die Rückgewinnung von Calcium aus der Niere haben. Dabei wirken sie auf die Calciumausscheidung gegensätzlich. Große Mengen Natrium vermindern die Rückgewinnung von Calcium in der Niere und steigt auf diese Weise dessen Ausscheidung. Kalium dagegen fördert in großen Mengen die Rückgewinnung und bewirkt, dass mehr Calcium im Blut verbleibt. Bei einem Calciummangel kann somit auch eine Reduktion von Natrium (z. B. durch eine salzarme Ernährung) hilfreich sein, den Calcium-Spiegel wieder anzuheben. Hier gilt es also ein gesundes Gleichgewicht zu halten.
Fazit
Calcium ist vielen vor allen Dingen für den Knochenbau bekannt. Der gebundene Mineralstoff bewirkt hier eine Verhärtung und sichert so die Stabilität. Weit wichtiger ist Calcium allerdings als freies Kation in den Zellen. Es muss zu jeder Zeit in jeder Zelle des Körpers verfügbar sein und spielt eine tragende Rolle in grundlegenden Stoffwechselprozessen. Eine Unterversorgung mit Calcium führt normalerweise dazu, dass gespeichertes Calcium aus den Knochen freigesetzt wird. Dadurch werden Knochen brüchig, was nicht selten bei älteren Frauen beobachtet wird. Ist diese notfallmäßige Freisetzung allerdings gestört, dann kommt es bei einer Unterversorgung zu einem Calcium-Mangel in den Zellen, der lebensbedrohlich werden kann. Solche Störungen können bei einem Vitamin-D-Mangel oder einer Unterfunktion der Nebenschilddrüse auftreten. Eine stetige ausreichende Versorgung mit Calcium ist also lebensnotwendig. Der tägliche Bedarf kann zum Beispiel durch 2 Gläser Milch gedeckt werden. Eine zusätzliche Einnahme sollte mit Bedacht erfolgen, da auch eine Überversorgung mit Risiken behaftet ist. Bei langfristiger Anwendung ist gegebenenfalls Rücksprache mit einem Arzt zu halten.
Autor

Dr. rer. nat. Annika Mix
Annika Mix ist promovierte Biologin und Wissenschaftsjournalistin. Nach ihrem Studium an der Ruhr Universität Bochum arbeitete sie einige Jahre in der medizinischen Grundlagenforschung. Mit einer anschließenden journalistischen Weiterbildung erfüllte sich den Wunsch, auf freiberuflicher Basis Wissen aus dem Bereich von Gesundheit und Forschung alltagsnah zu vermitteln.
http://www.anysci.de/
Quellen
Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE): Calcium – Empfohlene Zufuhr
https://www.dge.de/wissenschaft/referenzwerte/calcium/
Verbraucherzentrale: Calcium-Produkte für den Knochenschutz? (Stand:22.06.21)
Max Rubner-Institut & Bundesforschungsinstitut für Ernährung und Lebensmittel (2008) Nationale Verzehrsstudie II – Ergebnisbericht https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/DE/_Ernaehrung/NVS_ErgebnisberichtTeil2.pdf;jsessionid=DB58C395EEF2FE27EB57BCC40BD33A0B.internet2842?__blob=publicationFile&v=2
Bundesinstitut für Risikobewertrung (BfR) Höchstmengenvorschläge für Calcium in Lebensmitteln inklusive Nahrungsergänzungsmitteln