Vitamin A
Vitamin A umfasst eine Gruppe von Verbindungen, die im menschlichen Körper in sehr ähnlicher Weise wirken. Hierzu gehören Retinol, Retinal oder Retinsäure. Sie alle können zwar nicht vom menschlichen Körper selbst hergestellt werden, doch können sie, einmal mit der Nahrung aufgenommen, ineinander umgewandelt werden. Dabei stellt Retinol die Transportform von Vitamin A im Körper dar und wird aus diesem Grunde oftmals mit Vitamin A gleichgesetzt. Tatsächlich handelt es sich bei Retinol nur um eine Form von Vitamin A, genauer um Vitamin A1. Am Bedarfsort kann Retinol dann mithilfe von bestimmten Enzymen in die dort benötigte Form von Vitamin A überführt werden.
Die Aufnahme von Vitamin A aus der Nahrung ins Blut erfolgt im Dünndarm. Da es fettlöslich ist, kann es im Körper gespeichert werden. Diese Speicherung erfolgt zu einem Großteil in Form von Retinylpalmitat in der Leber.
Wofür brauchen wir Vitamin A?
Vitamin A erfüllt im Körper zahlreiche wichtige Funktionen und ist für unsere Gesundheit unerlässlich. Bis heute sind noch nicht alle Zusammenhänge genau durchleuchtet und die Forschung findet immer neue gesundheitliche Aspekte, die im Hinblick auf Vitamin A genauer untersucht werden müssen. Doch seine wesentlichen Funktionen für unseren Körper sind gut verstanden.
1. Für ein gesundes Zellwachstum
Bereits in der Embryonalentwicklung ist Vitamin A ein wichtiger Wachstums- und Differenzierungsfaktor. Es reguliert nicht nur die Teilungsrate von Zellen, sondern erfüllt auch eine wichtige Rolle bei der Ausrichtung der Längsachse, der Bildung der Extremitäten und der Strukturierung des zentralen Nervensystems. Auch nach der Geburt benötigen Kinder für ein gesundes Wachstum, insbesondere der Knochen, eine ausreichende Versorgung mit Vitamin A. Aus diesem Grunde ist ihr Bedarf etwas höher als der von Erwachsenen.
Im Erwachsenenalter wachsen wir zwar nicht mehr, doch unsere Zellen teilen und erneuern sich unablässig. Somit ist Vitamin A an der stetigen Stabilisierung der Knochen beteiligt, sowie an der Erneuerung von Blut, Haut, Schleimhäuten und anderen Geweben. Dadurch sorgt es dafür, dass die Hautbarriere gesund bleibt, Wunden schneller verschlossen werden, Organe möglichst lange funktionieren und Haut und Bindegewebe länger straff bleiben.
2. Für eine gesunde Sehkraft
Vitamin A ist ein Bestandteil von Rhodopsin, einem lichtempfindlichen Protein, das in den Zapfen der menschlichen Netzhaut eingelagert wird. Diese Sinneszellen sind auf das Hell-Dunkel-Sehen spezialisiert und werden besonders dann benötigt, wenn nur noch wenig Licht vorhanden ist. Zapfen erkennen keine Farben, weswegen wir in der Dunkelheit zwar sehen, aber Farben kaum wahrnehmen können. Bei einem gesunden Menschen wird das Vitamin A-haltige Rhodopsin in der Netzhaut regelmäßig erneuert.
3. Für ein gesundes Immunsystem
Vitamin A spielt eine wichtige Rolle in der Regulation unseres Immunsystems und wird sowohl bei der zellulären Immunantwort als auch bei der Antikörper-abhängigen Immunantwort benötigt. Für ein gut funktionierendes Immunsystem und starke Abwehrkräfte ist Vitamin A unerlässlich.
4. Für ein gesundes Gehirn
Das menschliche Gehirn erscheint zwar als fest strukturiertes Organ, doch ist es in seinen kleinsten Strukturen hochflexibel. Sämtliche Lernprozesse und Gedächtnisleistungen können nur stattfinden, wenn auf molekularer Ebene minimale Veränderungen erfolgen, die zumindest eine Weile erhalten bleiben. Diese Eigenschaft des Gehirns wird Plastizität genannt und scheint teilweise von Vitamin A abhängig zu sein, genauer gesagt von Retinsäure. Neuere Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass Vitamin A bei der Aufrechterhaltung geistiger Funktionen im Alter eine wichtige Rolle spielt.
Wo ist Vitamin A enthalten?
Vitamin A in seiner reinen Form kommt ausschließlich in tierischen Lebensmitteln vor. Insbesondere Leber weist einen hohen Gehalt an Vitamin A auf, da es auch bei Tieren in diesem Organ gespeichert wird. Aber auch in Milch, Milchprodukten und Eiern kommt Vitamin A vor. Die genaue Menge hängt dabei stark von der Fütterung der Tiere ab. Gerade in Mastbetrieben wird dem Futter sehr viel Vitamin A beigemischt. Zwar wurden die Richtwerte für den Vitamin A Gehalt in Futtermitteln im Jahr 2015 teilweise um bis um 50 Prozent reduziert, dennoch liegen sie oberhalb empfohlener Höchstwerte. Geringe Mengen Vitamin A finden sich außerdem in Seefisch.
Einen Großteil unseres Bedarfs an Vitamin A decken wir allerdings nicht durch die direkte Aufnahme dieses Vitamins, sondern durch die Aufnahme von Carotinen. Carotine sind sekundäre Pflanzenstoffe (Querlink), kommen also ausschließlich in pflanzlichen Lebensmitteln vor. Es handelt sich um rotgelbe Farbstoffe, die die Pflanze vor UV-Strahlen schützen. In unserem Körper können sie in Vitamin A umgewandelt werden. Der wichtigste Vertreter dieser Gruppe, das Beta-Carotin, wird daher auch Provitamin A genannt.
Da der Umsatz von Beta-Carotin zu Vitamin A nicht im Verhältnis 1:1 erfolgt, muss mehr Provitamin A aufgenommen werden, um die gleiche Menge Vitamin A zu erhalten. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) schätzt, dass zwischen 6 und 12 mg Provitamin A nötig sind, um 1 mg Vitamin A zu erzeugen. Sie empfiehlt für Erwachsene eine tägliche Vitamin A Zufuhr von o,7 mg für Frauen bzw. 0,85 mg für Männer.
Zehn gute Vitamin A Quellen sind:
- Leber
- Milch
- Eier
- Grünkohl
- Wirsing
- Spinat
- Karotten
- Rote Paprika
- Aal
- Tomaten
Was passiert bei einem Mangel Vitamin A?
Ein Mangel an Vitamin A kann dann auftreten, wenn entweder keine ausreichende Versorgung über die Ernährung erfolgt oder wenn organische Schäden vorliegen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schätzt, dass ein Mangel an Vitamin A weltweit die häufigste Mangelerscheinung ist. Allerdings sind hiervon hauptsächlich Entwicklungsländer betroffen. In den Industriestaaten kommt ein Vitamin A-Mangel eher selten vor.
Mögliche Ursachen sind hier:
- eine unausgewogene Ernährung → zu geringe Aufnahme
- chronische Darmerkrankungen → gestörte Aufnahme
- chronische Lebererkrankungen (z.B. durch Alkoholmissbrauch) → weniger Speicherkapazität in der Leber
Ein Mangel an Vitamin A zeigt sich zunächst häufig durch trockene Haut oder Probleme beim Sehen in der Dämmerung. Sollte der Mangel weiterhin bestehen können sich unter anderem folgende Symptome zeigen:
- Wachstumsstörung (bei Kindern)
- gesteigerte Infektanfälligkeit (insbesondere der Lunge)
- starke Beeinträchtigung der Sehkraft bis hin zur Erblindung
- Konzentrationsschwierigkeiten
- Zahnfleischentzündungen
- Blutarmut und damit einhergehender Eisenmangel
Aufgrund der wichtigen Rolle von Vitamin A bei der Embryonalentwicklung und dem kindlichen Wachstum ist der Bedarf an Vitamin A in der Schwangerschaft und der Stillzeit erhöht. Die DGE empfiehlt für Schwangere täglich 0,8 mg und für Stillende 1,3 mg Vitamin A. Ein Mangel an Vitamin A während der Schwangerschaft oder Stillzeit kann zu Fehlbildungen und reduziertem Wachstum führen.
Was passiert bei einer Überversorgung mit Vitamin A?
Als fettlösliche Verbindung wird Vitamin A im Körper gespeichert und kann sich dort anreichern, wenn die Aufnahme über einen längeren Zeitraum zu hoch ist. Auch chronische Nierenerkrankungen können dazu führen, dass sich Vitamin A anreichert, weil es nicht vollständig ausgeschieden werden kann.
Eine akute Überdosierung von Vitamin A kann zu Kopfschmerzen, Übelkeit, Sehstörungen oder Juckreiz führen. Sollte die Überversorgung längere Zeit anhalten, kann es zu schweren Schädigungen der Leber kommen. Bei einer Überversorgung mit Vitamin A in der Schwangerschaft können Fehlbildungen des Kindes begünstigt werden, die gerade im frühen Stadium gravierend sein können. Dieses Risiko ist der Grund, warum Schwangeren grundsätzlich davon abgeraten wird, Leber zu essen.
Wann ist eine Substitution von Vitamin A ratsam?
Grundsätzlich benötigt ein gesunder Mensch, der sich ausgewogen ernährt kein zusätzliches Vitamin A. Die gesundheitliche Wirkung von Vitamin A in unserem Körper kann durch eine gesteigerte Aufnahme über die empfohlene tägliche Dosis hinaus nicht zusätzlich verstärkt werden. Im Gegenteil, es droht vielmehr die Gefahr einer Überdosierung. Aus diesem Grunde empfiehlt das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) bei einer Nahrungsergänzung mit Vitamin A ohne ärztliche Absprache, eine extra zugeführte Menge von 0,2 mg täglich nicht zu überschreiten. So kann die natürlich aufgenommene Menge leicht korrigiert werden, ohne eine Überdosierung zu riskieren.
Die genannten Risikogruppen für einen tatsächlichen Mangel an Vitamin A sollten eine mögliche Sublimierung mit ihrem Hausarzt besprechen. Häufig genügt eine Ernährungsumstellung, um den Mangel zu beheben. Dies gilt insbesondere für Schwangere, die ohne ärztlichen Rat keine Vitamin A Präparate einnehmen sollten.
Bei Patienten mit Leber- oder Darmerkrankungen kann eine deutlich höhere Dosierung von Vitamin A nötig sein, da Aufnahme oder Speicherung beeinträchtigt sind. In einem solchen Fall wird die erforderliche Dosierung mit dem Arzt besprochen und erfolgt auf der Basis von Blutwerten. Hier gilt es auch andere Vitalstoffe im Blick zu halten.
Welche Wechselwirkungen gibt es mit anderen Vitalstoffen?
Da es sich bei Vitamin A und Provitamin A um fettlösliche Verbindungen handelt, wird ihre Aufnahme verbessert, wenn etwas Fett hinzugefügt wird. Dies gilt vor allen Dingen bei der Verwendung von Nahrungsergänzungsmitteln. Während wasserlösliche Vitamine unabhängig von den Mahlzeiten verwendet werden können, sollten Vitamin A-Präparate beim Essen eingenommen werden. Auf diese Weise wird die spätere Aufnahme im Darm begünstigt.
Neben dieser verbesserten Aufnahme steht Vitamin A in Wechselwirkung mit einigen anderen Vitalstoffen:
Zink
Für die Umsetzung von Retinol in Retinal ist Zink als Co-Enzym notwendig. Ebenso wird Zink benötigt, um Retinol im Blut zirkulieren zu lassen. Bei einem Defizit von Vitamin A sollte daher auch stets nach dem Zink-Spiegel geschaut und werden.
Eisen
Vitamin A fördert die Bildung von roten Blutkörperchen im Knochenmark und erleichtert dort den Einbau von Eisen. Aus diesem Grunde sollte bei einem Eisenmangel stets geschaut werden, ob auch eine Gabe von Vitamin A erfolgen sollte. Umgekehrt ist dies jedoch nicht der Fall.
Vitamin D
Vitamin A und Vitamin D wirken teilweise synergistisch, insbesondere auf den Knochenbau und das Immunsystem. In diesen Bereichen können Präparate gut miteinander kombiniert werden.
Fazit
Vitamin A erfüllt im Körper unterschiedliche Funktionen, unter anderem für das Wachstum, das Immunsystem oder die Sehkraft. Ein Mangel kann schwere Folgen haben, ist allerdings hauptsächlich ein Problem in Entwicklungsländern. Hierzulande ist ein kritischer Vitamin A-Mangel eher selten. Im Gegensatz zu wasserlöslichen Vitaminen, kann bei Vitamin A schnell eine Überdosierung entstehen, die wiederum gesundheitliche Folgen mit sich bringt. Eine Sublimierung von Vitamin A sollte daher mit Bedacht und im Zweifel mit ärztlicher Rücksprache erfolgen.
Autor

Dr. rer. nat. Annika Mix
Annika Mix ist promovierte Biologin und Wissenschaftsjournalistin. Nach ihrem Studium an der Ruhr Universität Bochum arbeitete sie einige Jahre in der medizinischen Grundlagenforschung. Mit einer anschließenden journalistischen Weiterbildung erfüllte sich den Wunsch, auf freiberuflicher Basis Wissen aus dem Bereich von Gesundheit und Forschung alltagsnah zu vermitteln.
http://www.anysci.de/
Quellen
D’Ambrosio et al., (2010) Vitamin A Metabolism: An Update. Nutrients 2011, 3(1), 63-103; https://doi.org/10.3390/nu3010063
Huang et al., (2018) Role of Vitamin A in the Immune System. J. Clin. Med. 2018, 7(9), 258; https://doi.org/10.3390/jcm7090258
Olson et al., (2010): Significance of vitamin A to brain function, behavior and learning. Molecular Nutrition an Food Research. https://doi.org/10.1002/mnfr.200900246
Verbraucherzentrale: Vitamin A-Produkte – was ist sinnvoll? Stand: 17.11.2020