Vitamin B3 (Niacin)
Vitamin B3, auch Niacin genannt, gehört zu den Vitaminen des B-Komplexes. Es ist wasserlöslich und kann nur in geringfügigen Mengen im Körper gespeichert werden. Natürlicherweise kommt Niacin in zwei Formen vor, die in unserem Körper ineinander umgewandelt werden können: Nicotinsäure und Nicotinamid. Aus ihnen werden die biologisch aktiven Coenzyme Nicotinamid-adenin-dinukleotid (NAD) und Nicotinamid-adenin-dinukleotid-phosphat (NADP) gebildet. Sie können in geringen Mengen auch in der Leber aus der essentiellen Aminosäure Tryptophan hergestellt werden. Diese Menge reicht aber nicht aus, um den Bedarf abzudecken. Daher muss Vitamin B3 mit der Nahrung aufgenommen werden.
Im Magen und im Dünndarm wird das Niacin aus der Nahrung gelöst und aktiv in die Mukosa (Schleimhaut) des Darms, transportiert. Bei großen Konzentrationen in der Nahrung kann Vitamin B3 zusätzlich passiv in die Mukosa diffundieren. Von dort gelangt es in die Leber und wird dort in die Coenzyme NAD und NADP umgewandelt, die wiederum über den Blutkreislauf im Körper verteilt werden.
Wofür brauchen wir Vitamin B3?
Vitamin B3, beziehungsweise die aus ihm gebildeten Coenzyme sind an zahlreichen grundlegenden Prozessen und Funktionen des Körpers beteiligt. Hierzu gehören:
- Energiestoffwechsel und Synthese
Die Coenzyme NAD und NADP werden im Körper für zahlreiche Redoxreaktionen des Stoffwechsels benötigt, kommen in sämtlichen Zellen vor und arbeiten mit über 200 Enzymen zusammen. Sie haben eine wichtige Funktion für den Abbau von Proteinen, Fetten und Kohlenhydraten und somit essentiell für die Bereitstellung von Energie. Die gewonnene Energie wird direkt für unterschiedliche Aufbauprozesse verwendet, die ebenfalls an die Coenzyme gekoppelt sind. Hierzu gehört unter anderem der Aufbau von Botenstoffen für das Gehirn, Fettsäuren für die Energiespeicherung oder Cholesterin für den Aufbau neuer Zellen.
- Stabilität des Erbguts
Das Erbgut, unsere DNA, besteht aus hochkomplexen Molekülen, die geschützt in jedem Zellkern liegen. Doch es ist nicht gänzlich vor Schädigungen geschützt. Oxidativer Stress, UV-Strahlung oder zahlreiche Kopiervorgänge können dazu führen, dass die DNA beschädigt wird. Dies kann zum Absterben der Zelle oder zu Tumorbildung führen. Um dies zu vermeiden wird die DNA in jeder Zelle regelmäßig geprüft und bei Bedarf repariert. Ein Schlüsselenzym für diesen wichtigen Prozess ist die ADP-Ribose. Deren Bildung wiederum ist abhängig von Vitamin B3.
Eine klinische Studie der Universität Sydney konnte im Jahr 2015 zeigen, das Vitamin B3 das Hautkrebsrisiko senken kann. In Australien erkrankt mehr als 50 Prozent der Bevölkerung irgendwann im Leben an Hautkrebs, was auf die hohe dortige UV-Belastung zurückzuführen ist. Es ist dort die häufigste Krebsform. Die Forscher gehen davon aus, das die bessere Versorgung mit Vitamin B3 dazu führt, dass DNA-Schädigungen in der Haut besser repariert werden. Zahlreiche Forschungsgruppen beschäftigen sich heute mit der Rolle von Vitamin B3 bei der Entstehung bzw. der Vermeidung von Tumoren. Vieles ist noch unverstanden
Wo ist Vitamin B3 enthalten?
Insbesondere tierische Lebensmittel stellen eine gute Quelle für Vitamin B3 dar. Es findet sich vor allen Dingen in Innereien, aber auch in Muskelfleisch und festem Fisch. Das Vitamin liegt in tierischen Lebensmitteln gut verfügbar vor und kann annähernd vollständig aufgenommen werden. In pflanzlichen Lebensmittel ist Vitamin B3 zumeist an große Moleküle gebunden, die beim Verdauungsprozess nicht vollständig gelöst werden können. Daher können teilweise nur 30 Prozent des Niacins aus Pflanzen tatsächlich aufgenommen werden. Experten verwenden den Ausdruck der schlechten Bioverfügbarkeit. Das Vitamin kann nicht aus der Nahrung gelöst werden und wird wieder ausgeschieden. Insbesondere Pilze, Samen und Hülsenfrüchte enthalten dennoch passable Mengen an Vitamin B3, die ausreichen, um auch einen vegan lebenden Menschen zu versorgen.
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt für Erwachsene zwischen 13 und 15 mg Niacin-Äuivalent (NA) pro Tag. Diese Angabe bezieht die eigene Synthese von NAD und NADP aus Tryptophan mit ein. So entspricht 1 mg NA genau 1 mg Niacin oder 60 mg Tryptophan. Für Schwangere und Stillende liegt der Bedarf um etwa 2 mg NA pro Tag höher.
In Deutschland ist eine optimale Versorgung mit Vitamin B3 gewährleistet. Tatsächlich liegt die tägliche Aufnahme meist über der empfohlenen Tagesmenge. Laut der Nationalen Verzehrsstudie aus dem Jahr 2008 nehmen in Deutschland Männer im Durchschnitt 36 mg und Frauen 27 mg NA pro Tag auf. Nur 1 Prozent der Männer und 2 Prozent der Frauen erreichen die empfohlene tägliche Zufuhr nicht.
Zehn gute Vitamin B3 Quellen sind:
- Erdnüsse
- Innereien
- Fleisch
- Sesam
- Sonnenblumenkerne
- Fisch (z.B. Tunfisch)
- Pilze
- Naturreis
- Erbsen
- Sojabohnen
Was passiert bei einem Mangel Vitamin B3?
Ein Mangel an Vitamin B3 kommt in Deutschland nur extrem selten vor und ist dann assoziiert mit anderen Mangelerscheinungen. Die Symptome eines Niacin-Mangels sind zunächst unspezifisch und können Appetitverlust, Schlafmangel oder Gedächtnisstörungen umfassen.
Ein langfristiger Mangel an Niacin führt zu der Mangelerkrankung Pellagra, die unbehandelt zum Tod führt. Symptome sind eine starke Entzündung der Haut, Durchfall und Gedächtnisverlust. Geschichtlich kam Pellagra gehäuft in Ländern vor, deren Bevölkerung sich hauptsächlich von Mais ernährt. Mais enthält zwar Vitamin B3, doch kann es ohne spezielle Aufbereitung nicht verwertet werden. Nachdem die Mechanismen der Krankheit verstanden wurden, tritt Pellagra auch dort heute deutlich seltener auf.
Was passiert bei einer Überversorgung mit Vitamin B3?
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) warnt vor einer zu hohen Aufnahme von Niacin. Zwar könne über die Ernährung (inklusive Nahrungsergänzungsmittel) keine Menge erreicht werden, die der Gesundheit schade, doch eine zu hohe Zufuhr von Nicotinsäure hat nachweislich negative Auswirkungen.
Dazu gehören:
- Sodbrennen
- Völlegefühl
- Übelkeit bis hin zum Erbrechen
- Durchfall
- Schädigung der Leber
Nicotinamid hingegen birgt auch bei einer sehr hohen Dosierung keine gesundheitlichen Risiken. Das BfR empfiehlt für eine Anreicherung mit Niacin ausschließlich Nicotinamid und legt die Höchstmenge in Nahrungsergänzungsmitteln auf 17 mg NA pro Tagesdosis fest. Diese Menge sei unbedenklich.
Wann ist eine Substitution von Vitamin B3 ratsam?
Aufgrund der allgemeinen Überversorgung mit Vitamin B3 ist eine zusätzliche Zufuhr über die Nahrung in der Regel nicht erforderlich. Auch der erhöhte Bedarf von Schwangeren und Stillenden ist im Normalfall meist mehr als gedeckt. Seltene Ausnahmefälle sind dennoch möglich.
Dazu gehören Menschen mit:
- Magersucht
- angeborener Störung des Tryptophan-Stoffwechsels
- starken Leberschäden
- chronisch starkem Durchfall
- dialysebedürftigen Nierenschäden
All diese Menschen haben nicht nur einen möglichen Vitamin-B3-Mangel, sondern Defizite bei einer ganzen Reihe von Vitalstoffen. Diese Mängel werden im Zuge ihrer regulären Therapie mitbehandelt.
Welche Wechselwirkungen gibt es mit anderen Vitalstoffen?
Für die körpereigene Synthese von Niacin muss eine Versorgung mit der essentiellen Aminosäure Tryptophan gewährleistet sein. Diese Synthese ist außerdem abhängig von den Vitaminen B2 und B6. Rein rechnerisch würde bei einer guten Versorgung mit diesen Vitalstoffen zumindest kein schwerer Niacin-Mangel auftreten.
Fazit
Vitamin B3 ist für zahlreiche grundlegende Prozesse im Körper notwendig und muss, auch wenn es zum Teil in der Leber selbst gebildet werden kann, mit der Nahrung zugeführt werden. In Deutschland besteht eher eine Überversorgung, so dass Mängel sehr seltene Ausnahmen sind. Ein Mangel an Vitamin B3 kann im schlimmsten Fall die tödliche Krankheit Pellagra herbeiführen, aber auch eine starke Überversorgung kann zu gesundheitlichen Problemen führen. Derart hohe Dosierungen werden allerdings auch bei der Verwendung von Nahrungsergänzungsmitteln nicht erreicht, da gesetzliche Grenzwerte eingehalten werden müssen.
Autor
Dr. rer. nat. Annika Mix
Annika Mix ist promovierte Biologin und Wissenschaftsjournalistin. Nach ihrem Studium an der Ruhr Universität Bochum arbeitete sie einige Jahre in der medizinischen Grundlagenforschung. Mit einer anschließenden journalistischen Weiterbildung erfüllte sich den Wunsch, auf freiberuflicher Basis Wissen aus dem Bereich von Gesundheit und Forschung alltagsnah zu vermitteln.
http://www.anysci.de/
Quellen
Chen et al. (2015) A Phase 3 Randomized Trial of Nicotinamide for Skin-Cancer Chemoprevention. 2015 Oct 22;373(17):1618-26. doi: 10.1056/NEJMoa1506197.
Max Rubner-Institut & Bundesforschungsinstitut für Ernährung und Lebensmittel (2008) Nationale Verzehrsstudie II – Ergebnisbericht https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/DE/_Ernaehrung/NVS_ErgebnisberichtTeil2.pdf;jsessionid=DB58C395EEF2FE27EB57BCC40BD33A0B.internet2842?__blob=publicationFile&v=2
Bundesinstitut für Risikobewertung: Domke A., Großklaus R., Niemann B., Przyrembel H., Richter K., Schmidt E., Weißenborn A., Wörner B., Ziegenhagen R. (Hrsg.) Verwendung von Vitaminen in Lebensmitteln – Toxologische und ernährungsphysiologischen Aspekte Teil 1. BfR-Hausdruckerei Dahlem, 2004 https://www.bfr.bund.de/cm/350/verwendung_von_vitaminen_in_lebensmitteln.pdf